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Abschreibungen – Der Wert des Unternehmens

Was sind Abschreibungen? Was ist ein Unternehmen wirklich wert? Diese Frage ist nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht wichtig. Die Finanzinstitute und vor allem die Steuerbehörden haben ein großes Interesse, den Wert eines Unternehmens möglichst exakt zu kennen. Hier zeigt sich bereits ein Zielkonflikt bei der betrieblichen Wertermittlung: Für ein Unternehmen ist es natürlich immer einfacher Kredite zu bekommen, je höher es seinen Wert ausweisen kann und damit Sicherheiten bietet. Leider wird seine Steuerlast ebenfalls am Wert bemessen, weswegen es wiederum interessant für Unternehmer sein kann, den Wert ihrer Firma vor dem Finanzamt möglichst klein zu schreiben.

Wertfaktoren eines Unternehmens

Um eine eindeutige Aussage darüber zu bekommen, welchen Wert ein Unternehmen hat, gilt grundsätzlich eine einfache Formel:

Vermögenswerte – Schulden = Unternehmenswert

Die Schulden sind Buchwerte, die nachweisbar hinterlegt sind. Bei den Vermögenswerten gilt dies jedoch nur teilweise: Bargeld, Bankguthaben, Aktienpakete oder Fondsanteile lassen sich noch recht einfach zu den liquiden Mitteln aufsummieren. Der größte Teil der Vermögenswerte eines Unternehmens steckt aber in seinen Sachwerten. Dies kann sein: Fertige und unfertige Erzeugnisse, Fuhrpark, Maschinenpark, Immobilien, Roh-; Hilfs- und Betriebsstoffe, Büroausstattung usw.. Diese mobilen und immobilen physischen Werte befinden sich in einem permanenten Zustand der Veränderung. Gebäude werden erweitert und modernisiert, Rohstoffe werden verarbeitet, Maschinen verschrottet und neu gekauft usw.. Ein vitales Unternehmen zeichnet sich durch seine Dynamik aus. Je mehr Dynamik in einem Betrieb herrscht, desto schwieriger ist seine Wertermittlung on-the-fly.

Alles beginnt mit Inventur und Bilanz

Der Wert eines Unternehmens kann aus diesem Grund niemals grundsätzlich, sondern immer nur repräsentativ zu einem bestimmten Datum fest gelegt werden. Es gibt zwar das Instrument der „permanenten Inventur“, dies ist aber nur bei sehr kleinen Unternehmen bzw. Dienstleistern oder durch den Einsatz einer teuren Software umsetzbar. Bei kleinen und mittleren Unternehmen wird daher zum Instrument der Inventur zu einem bestimmten Stichtag gegriffen. An diesem Tag ruht in der Regel der Produktions- und Kundenbetrieb und alle Mitarbeiter sind mit der Zählung und Erfassung aller Vermögenswerte ihres Betriebs beschäftigt. Diese Vermögenswerte werden von der Buch- oder Finanzbuchhaltung anschließend erfasst und zu einer Gesamtzahl aufsummiert. Am Ende dieses Verfahrens steht die Bilanz. Diese tabellarische Aufstellung aller Vermögen und Schulden gibt schließlich eine Zahl aus, die für den Wert des Unternehmens steht.

Bilanztechnischer Problemfall Betriebsmittel

Eine Inventur hört sich nach viel Arbeit aber trotzdem nach einer einfachen Sache an. Die Herausforderung bei der Inventur besteht auch nicht im Zählen und Erfassen der physischen Vermögenswerte, sondern in ihrer Bewertung. Bei fertigen und unfertigen Erzeugnissen und bei den Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen ist eine Bewertung noch recht einfach. Diese nur kurz den Betrieb durchlaufenden Produkte haben zu jedem Zeitpunkt einen nachvollziehbaren Marktwert, der ihnen zu Grunde gelegt werden kann. Anders sieht es jedoch mit den physischen Betriebsmitteln aus: Gebäude, Maschinen, Fuhrpark und Ausstattung haben zwar einen definierten Wert zum Zeitpunkt ihres Kaufs. Doch den behalten sie leider nicht, sondern verlieren ihn vom Moment des Kaufs an.

Gründe für den Wertverlust

Der Wertverlust der physischen Betriebsmittel (zu denen auch die Software gehört) hat drei Ursachen.

Abnutzung:

Gebäude, Maschinen und Fahrzeuge nutzen sich ab. Man kann ihren Totalausfall zwar durch Instandhaltung hinauszögern und ihre Betriebsbereitschaft so für viele Jahre sichern. Doch es kommt der Zeitpunkt, an dem sie nicht mehr verwendbar sind.

Wirtschaftliche Überalterung

Der Innovationsdruck auf Produktionsmaschinen und Informationstechnik führt permanent zu Lösungen, welche eine höhere Effizienz ermöglichen. Eine Maschine kann daher zwar noch so gut funktionieren wie am Tag ihrer Inbetriebnahme – verfügbare neuere Modelle erfüllen ihre Aufgabe wesentlich schneller, billiger und effizienter. Da sich die Unternehmen im ständigen Konkurrenzdruck innerhalb ihrer Branche befinden, haben sie ein vitales Interesse daran, ihren Maschinenpark so modern wie möglich zu halten. Aus diesem Grund werden regelmäßig Produktionsmittel ausgemustert, obwohl sie noch lange nicht das Ende ihrer physischen Lebensdauer erreicht haben.

Außerplanmäßiger Ausfall

Ein Brand, ein Unfall oder ein Diebstahl – es gibt viele Gründe dafür, warum ein Produktionsmittel plötzlich nicht mehr verfügbar ist. Obwohl es bilanztechnisch noch mit vollem Wert erfasst ist, steht es in der Produktionskette nicht mehr zur Verfügung und muss schnellstmöglich ersetzt werden.

Um nun den Wertverlust von Betriebsmitteln mit einer nachvollziehbaren und angemessenen Bemessungsgrundlage bilanztechnisch erfassen zu können, wurde das Instrument der „Abschreibung“ erfunden.

Definition der Abschreibung

Die Abschreibung ist ein Wert, um den sich der Kaufpreis eines Gegenstands gemindert hat. Es dient zur validen Wertermittlung des Betriebsvermögens. Für die Berechnung der Abschreibung stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl.

Abschreibungsverfahren

Sofern kein plötzlicher Totalausfall des abzuschreibenden Gegenstands vorliegt, wird der Abschreibungsbetrag jährlich festgelegt. Der Abschreibungszeitraum beginnt mit dem Kauf und endet mit der Reduktion des Restwerts auf Null. Es ist dem Unternehmer überlassen, ob er über diesen Zeitpunkt hinaus weiter betreibt. Bei Werkbänken, Büromöbeln oder wenig genutzten Betriebsfahrzeugen kann es schnell passieren, dass diese voll abgeschriebenen Betriebsmittel noch weiter verwendet werden. Auch hochwertige und robuste Maschinen können weit über ihren bilanztechnischen Abschreibungszeitraum hinaus noch in Verwendung bleiben. Dies liegt in der unternehmerischen Verantwortung des Geschäftsführers.

Für die Berechnung des Abschreibungsbetrages sind folgende Verfahren zulässig:

  • Lineare Abschreibung
  • Geometrisch-degressive Abschreibung
  • Arithmetisch-degressive Abschreibung
  • Gebrochene Abschreibung
  • Progressive Abschreibung
  • Leistungsabschreibung

Lineare Abschreibung

Die lineare Abschreibung ist das älteste Abschreibungsverfahren. Bei diesem wird beim Kauf des Wertgegenstand seine mutmaßliche Nutzungsdauer festgelegt. Beim Erreichen der Nutzungsdauer soll der Wert des Produkts auf Null abgeschrieben sein. Man teilt den Kaufbetrag durch die Anzahl der Jahre. So erhält man einen fest gelegten Wert, der jährlich vom Restwert des Produkts abgezogen wird.
Die lineare Abschreibung ist aufgrund ihrer Einfachheit heute noch sehr beliebt. Sie wird gerne für Produktionsmaschinen verwendet. Für alle Produktionsmittel ist sie jedoch nicht anwendbar.

Geometrisch-degressive Abschreibung

Die geometrisch-degressive Abschreibung reduziert den Kaufbetrag eines Produktionsmittels nicht mit einem Festbetrag, sondern mit einem prozentualen Anteil. Dieser wird zwar in der Höhe fest gelegt, bezieht sich aber immer nur auf den Restwert des Produkts am Tag der Inventur. Dieses Verfahren ist für Produktionsmittel geeignet, welche anfangs einem starken Wertverlust haben, welcher sich aber im Lauf des Abschreibungszeitraums immer weiter egalisiert. Ein typischer Anwendungsfall für die geometrisch-degressive Abschreibung ist die Hardware und Software in der Datenverwaltung eines Unternehmens. Die Innovationszyklen der PC-Hersteller sind so kurz, dass die Geräte sehr schnell technisch veralten. Es kann aber auch das erfolgreichste Unternehmen nicht jedes Jahr die gesamte PC-Ausstattung austauschen. Dennoch muss dem Umstand des starken Wertverlusts dieser Produktionsmittel bilanztechnisch Rechnung getragen werden. Dies ermöglicht die geometrisch-degressive Abschreibung. Ob ein Computer gegen Ende des Abschreibungszeitraums sechs oder sieben Jahre im Betrieb ist, macht für seinen Restwert kaum noch einen Unterschied. Die Abschreibung geschieht beim degressiven Verfahren deshalb nicht linear, sondern in Form einer anfangs steil abfallenden, dann aber immer flacher werden Kurve.

Arithmetisch-degressive Abschreibung

Die arithmetisch-degressive Abschreibung ist eine Kombination aus linearer und degressiver Abschreibung. Der Abschreibungsbetrag wird aber nicht einfach über die Jahre, sondern über die Quersumme der Jahre berechnet. Bei sieben Jahren erhält man so den Abschreibungsquotienten von 1+2+3+4+5+6+7=28. Mit Hilfe dieses Quotienten wird nun zunächst der grundlegende Abschreibungsbetrag ermittelt. Bei einer Maschine mit einem Wert von 28.000 Euro erhält man so einen Abschreibungsfaktor von 1000 Euro. Dieser Faktor wird im ersten Jahr der Abschreibung mit der geplanten Nutzungsdauer multipliziert, also im vorliegenden Fall 1000 × 7 = 7000 Euro. Ausgehend von diesem Anfangswert wird der Abschreibungsbetrag jedes Jahr um den ermittelten Abschreibungsfaktor reduziert. In diesem Beispiel wären das 7000+6000+5000+4000+3000+2000+1000+0=28000 Euro. Damit ist das Produktionsmittel voll abgeschrieben.
Die arithmetisch-degressive Abschreibung ist ein Verfahren das angewendet wird, wenn die Produktionsmittel zu Beginn des Abschreibungszeitraums einen besonders hohen Wertverlust haben.

Gebrochene Abschreibung

Die gebrochene Abschreibung berücksichtigt nicht nur den durch Abschreibung verminderten Buchwert des Produktionsmittels, sondern auch seinen tatsächlichen Zustand bzw. Restwert. Dies ist bei Fuhrparks mitunter sinnvoll, wenn gleichzeitig angeschaffte Fahrzeuge durch unterschiedlichen Gebrauch verschieden stark verschlissen sind. Die unterschiedlichen Restwerte dieser Produktionsmittel können durch die gebrochene Abschreibung berücksichtigt werden.

Progressive Abschreibung

Bislang hatten alle Abschreibungsverfahren die gleichen oder kleiner werdende Subtrahenden. In bestimmten Fällen können die Abschreibungsbeträge aber gegen Ende der Nutzungsdauer immer größer werden. In dem Fall kommt die progressive Abschreibung zum Einsatz. Ein klassischer Fall hierfür sind beispielsweise Bergwerke. Um an die letzten wirtschaftlich förderbaren Bodenschätze zu gelangen, muss das Unternehmen immer größere Mittel aufwenden. Dieser Mehraufwand wird mit dem Restwert des Bergwerks gegen gerechnet, was zu den steigenden Abschreibungsbeträgen führt.

Leistungsbezogene Abschreibung

Die Nutzungsdauer, welche den bisherigen Abschreibungsverfahren zugrunde liegt, setzt voraus, dass das Produktionsmittel quasi ununterbrochen in Betrieb ist. Manche Betriebsmittel werden aber nur gelegentlich verwendet. Ein Beispiel dafür sind Diagnoseinstrumente und Labormaschinen. Um diese bilanztechnisch korrekt erfassen zu können wird die leistungsbezogene Abschreibung eingesetzt. Die leistungsbezogene Abschreibung orientiert sich nicht an der theoretischen Nutzungsdauer, sondern an den tatsächlich eingesetzten Arbeitsstunden. Dies setzt einen Stundenzähler voraus, mit dem die Einsatzzeiten der Produktionsmittel (in der Regel Maschinen) nachvollzogen werden können.

Außerplanmäßige Abschreibung

Die außerplanmäßige Abschreibung tritt ein, wenn das Betriebsmittel durch Beschädigung oder Diebstahl nicht mehr für die Verwendung zur Verfügung steht.

Die große Auswahl der verschiedenen Abschreibungsmethoden geben dem Unternehmer einen weiten Spielraum, jedes Produktionsmittel entsprechend seiner Verwendung korrekt abschreiben zu können. Jedoch muss die Abschreibungsmethode auch vom Finanzamt akzeptiert werden. Eine völlige Freiheit in der Auswahl der Verfahren besteht leider nicht. Valide Auskunft darüber, wann welche Abschreibungsmethode angewendet werden kann ist Sache des professionellen Steuerberaters.

FAQ:

Wer darf Abschreibungen vornehmen?

Die Kalkulation und Verbuchung von Abschreibungen liegt in der Verantwortung des Unternehmers. Er kann diese Aufgabe an seine eigenen Fachabteilungen oder an qualifizierte Dienstleister übertragen.

Warum nimmt ein Betrieb Abschreibungen vor?

Die Abschreibung dient zur validen Wertermittlung aller Betriebsmittel. Diese ist zur Berechnung der Steuerlast aber ebenso für die Ermittlung einer Kreditwürdigkeit wichtig.

Wie werden Abschreibungen buchhalterisch erfasst?

Die Abschreibungen werden buchhalterisch als wertmindernde Beträge für die einzelnen Betriebsmittel erfasst. Sie reduzierend das Betriebsvermögen um die zuvor berechneten Beträge.

Wie wirken sich Abschreibungen auf die Liquidität aus?

Die Liquidität eines Unternehmens ist durch Abschreibungen nur indirekt betroffen. Es ist vom Einzelfall abhängig, ob eine Abschreibung die Liquidität eines Unternehmens verbessert oder verschlechtert. Grundsätzlich sinkt mit der fortschreitenden Abschreibung auch der Wert des Unternehmens. Dies reduziert zwar seine Steuerlast, schränkt aber ebenso seine Kreditwürdigkeit ein, da die Sicherheiten immer geringer werden.
Umgekehrt kann eine buchhalterisch auf Null abgeschriebene Maschine aber noch einen hohen Marktwert besitzen. Wenn diese verkauft wird, steigt die Liquidität des Unternehmens.

Wie wirken sich Abschreibungen auf den Unternehmenserfolg aus?

Korrekt durchgeführte Abschreibungen bewahren das Unternehmen vor Fehlkalkulationen. Diese können sich steuertechnisch aber ebenso produktiv dramatisch auswirken. Eine gewissenhafte Anwendung der Abschreibungsverfahren gibt dem Unternehmer genaue Auskunft über seine Investitionsmöglichkeiten und damit der Behauptung seiner Marktfähigkeit. Die korrekte Umsetzung von Abschreibungen ist daher für den Unternehmenserfolg sehr wichtig.

Wie beeinflussen Abschreibungen den Gewinn?

Der Gewinn eines Unternehmens errechnet sich aus der Differenz der aufgebrachten Mittel und dem eingenommenen Ertrag. Abschreibungen sind bilanztechnisch erhobene Kosten, die bei korrekter Planung nur einen geringen Einfluss auf den Gewinn vor Steuern haben. Ausgenommen davon sind Fälle einer außerplanmäßigen Abschreibung, bei denen ein noch nicht voll abgeschriebenes Produktionsmittel neu beschafft werden muss. Doch Vorsicht: Wenn eine Maschine abschreibungstechnisch den Buchwert Null erreicht hat, produziert sie zwar extrem gewinnbringend für den Unternehmer. Diese Gewinne müssen aber wieder voll versteuert werden. Es ist daher aus steuertechnischer Sicht für einen Unternehmer interessant, den Maschinenpark immer so jung wie möglich zu halten. Investitionen können steuerlich wieder berücksichtigt werden.

Wie sind Abschreibungen zu verbuchen?

Abschreibungen sind Verluste. Sie werden im Konto der abzuschreibenden Betriebsmittel erfasst. Dort werden die Restwerte mit den jeweiligen Abschreibungsbeträgen reduziert und der Restwert des Betriebsmittels in die Bilanz überführt. Je nach Größe des Unternehmens ist es sinnvoll, die Summe aller Abschreibungen in einem Übersichtskonto zu erfassen.

Wie werden Abschreibungen berechnet?

Für die Berechnung von Abschreibungen stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl. Diese Verfahren berücksichtigen nicht nur die Abnutzung, sondern auch die Entwicklung des Marktwertes des abzuschreibenden Betriebsmittels. Welches Verfahren in welchem Fall anzuwenden ist, muss mit den Steuerbehörden abgeklärt werden. Die falsche Abschreibungsmethode kann zur Aberkennung oder Neukalkulation der Abschreibungsbeträge führen. Verzögerungen dieser Art wirken sich schädlich für das Tagesgeschäft aus, weshalb bei der Zugrundelegung der Abschreibungsmethoden größte Sorgfalt angewendet werden muss.

Warum sind Abschreibungen gewinnmindernd?

Abschreibungen sind Kosten. Kosten mindern den Ertrag des Unternehmens. Ertrag minus Kosten ist das Ergebnis. Ist das Ergebnis positiv, wurde ein Gewinn erwirtschaftet. Ist es negativ, erhält man einen Verlust. Hohe, außerplanmäßige Abschreibungen können ein Unternehmen also durchaus in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen.